Irgendwann hörtest du, wie die Tür hinter dir zuschlug, du drehtest dich um und es war dunkel – vor dir auch nichts Besonderes. Die Tür war zu, alles was du jetzt hattest, war der Weg eines Abgeurteilten, eines Verurteilten. Da dir keine andere Wahl blieb, gingst du, wohin der Weg dich führen sollte. Die Erde hart wie Metall, der Himmel wie Eisen, ausgestoßen, weggelaufen.
Untergekommen unter das Rad des Schicksals Aller. Es war keine Zeit für Melancholie oder für Tränen, denn der Weg eines Verurteilten bringt ein monotones stapfendes Geräusch in die sich gewöhnenden Gehörgänge. Das Hirn gewöhnt sich an die neue Lebensform abgeurteilt zu sein, verloren, weg – von einem Gott weit weg. Du hast dich entfernt und entschieden, gottlos zu sein und findest den Weg niemals zurück, denn – wie gesagt – hinter dir ist schon längst keine Tür mehr zu sehen.
Die verschlossene Tür – War da mal etwas?
War da so etwas wie kindlicher Glaube an Gut und Böse, an das Schicksal oder an einen ewigen Vater Gott, der alle Menschen kennt und liebt und in seiner Hand hält? Kopfschüttel, nichtwissend. Kein Teil des Gedächtnisses kann diese Dinge klar einsortieren. Was war vorher, was ist nachher? Was bleibt ist das dumpfe Jetzt – für Schritt für Schritt für Schritt hinein in Jahrzehnte des sogenannten Hierseins.
Die Anderen
Manche Menschen bekommen philosophische Anwandlungen und fangen an, die Fragen zu stellen nach dem Warum und Wohin? Andere ergötzen sich an den Früchten ihrer kunstfertigen Hände, die ihnen schnell einen Vorteil verschaffen vor den Mittelmäßigen und sie stricken sich ihr wärmendes Zuhause selbst.
Draußen laufen die Erkälteten die Bürgersteige entlang. Nicht wissend, nicht ahnend, welches Urteil über sie ergangen ist, welcher Zorn über ihnen schwebt, anstatt lächelndes, wohlwollendes Angesicht – der düstere harte Zorn.
Sie hatten sich in den Spielregeln des Lebens eingerichtet: Wer Wind sät, erntet Zorn. Eins und eins ist zwei und jedes Versagen hat Strafe zur Folge, außer wenn man es geschickt genug anstellt – dachten sie. Aber sie waren innerlich tot, leer, entleert, gedemütigt. Irgendwas in ihnen hatte den Rollladen runtergelassen. Sie waren so weit weg, getrennt vom liebenden Angesicht eines liebenden Gottes.
Ha, geradezu hämisch lachten sie hinauf, während sie die nächste Flasche aufkorkten, um sie sich über ihrem scheinbar unabänderlichen Schicksal zu ergießen.
Augäpfel leer ins Hellblaue starrend, Pupillen suchen den Horizont ab nach Wahrheit, Licht oder Liebe.
Aber dennoch mit Stolz, Takt und Anstand. Irgendwas ist immer noch ungebrochen im Menschen und sei es nur ein wahnhafter, anhaftender Dünkel über das eigene Sein. Über jedem Abgeurteilten hängt ein scharfes zweischneidiges Damoklesschwert, das je nach Lage gefährlich schwankt. Doch der Dahergelaufene sieht es nicht.
Der Abgeurteilte
Zuerst hört es der Abgeurteilte von einem ehemaligen Freund, dann von einem Kollegen, dann liest er es in der Zeitung, dann sieht er es im Fernsehen, dann hört er sogar von einem Feiertag, der deswegen gefeiert würde. Er soll begnadigt werden. Er versteht es nicht so ganz. Wohlwissend, dass das Urteil über ihm nicht grundlos ergangen war. Er hatte es sich verdient. Er hatte es nicht verdient, dass Gott wohlwollend über sein Leben wachte, seine Handgriffe ihm gelingen lies in einer Art und Weise, dass sein Leben einen höheren Wert und Sinn hatte als abgeurteilt zu sein. Irgendwie hört er und er kann es erstmal kaum fassen, dass er begnadigt werden soll. Begnadigung, wie fühlt sich das an für jemanden, der sich schon eingelaufen hat, der den Gang der Zelle vorwärts, rückwärts gegangen ist? Wie hört sich Begnadigung an für einen alten Sünder, der nichts anderes kennt?
Es ist wahr
Er steckt die Hände tiefer in die Taschen, weint in sich hinein und spricht das Gebet, das ihn näher zu Gott bringt: „Lieber Gott, ich will dein Angebot annehmen. Bitte vergib mir meine Schuld. Ich glaube an dich.- Sei mir, dem Sünder gnädig. Ich glaube an Jesus Christus, dass er für mich stellvertretend gestorben ist“… und irgendwie schöpft er Hoffnung aus diesen Worten und versteht, dass es mehr gibt zwischen Himmel und Erde als das, was man sieht, nämlich Erde wie Beton und einen Himmel wie Eisen.
Und er sieht, als ob der Himmel durchbrochen würde: Meteoriten, oder waren es Engel ?am Horizont, die in die Atmosphäre eintreten. Sein Leben bekommt eine neue Bahn. Er ändert seinen Nachnamen von Sinnlos in Christus-Gläubig. Und jetzt ändert er schon die Richtung, seine Fußzehen zeigen den Weg an. Da ist eine Tür, er geht durch sie gebückt hindurch. Er sieht durch seinen Geist Jesus Christus. Und er ist nur einer von Vielen, die begnadigt wurden. Er geht einen ihm unbekannten, neu erscheinenden Weg. Das erste Mal hat er wieder mit einem Wort zu tun, das er nicht einmal mehr buchstabieren konnte: Die Hoffnung ist zurück in seinem Leben.
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