Die Eisenkette hängt am Fußgelenk und verlangsamt den Lauf doch beträchtlich. Nach Jahren der Gewöhnung erscheint der Gang deutlich erschwert, der untere Kettenring hat beim Laufen immer etwas Spiel, hat sich in die Haut hineinvertieft wie auch die Riefen im überalterten Gesicht. Die Wissenschaft spricht von chronischer Malträtis personalis, deren Ursache noch zu erforschen ist, aus medizinischer Sicht gibt es nur Linderung – Betäubungsmedikamente. Der Mensch lebt noch, aber einiges an Beweglichkeit ist doch schon auch vorbei. Würde sich Einer runterbücken und ihm den Kettenring vom Bein abflexen, ohne dabei ins Bein hineinzugeraten, für diesen – ich muss leider sagen – jungen – Mann wäre das die Erlösung.
Aber nicht, wenn man lächelnd durchs Leben gleitet, die Karriere einem durch Charisma zuflutscht, Frau, Kinder, Abenteuer, Geld, Ansehen, 1. Haus, 2. Haus. Wir haben es mit viel Arbeit zu einem guten Mittelstand gebracht. Mit ehrlicher – unserer Hände – Arbeit. Die Frau streicht dem Mann den Staub von der Schulter, er schüttelt sich, ein bisschen staubt es auch aus dem Gehirn. Mit unserem Wirken haben wir doch einiges geschafft, er lehnt sich zufrieden zurück in den stressfreien Sessel, dessen Lehne knackt.
Nachts die Schlafprobleme, die Tochter lebt ein anderes Leben als wir. Die ganze Welt scheint sich momentan zu ändern, dabei haben wir ihnen so gute Ziele vorgegeben, worauf es ankommt, sich stetig zu mühen und die Dinge nach vorne zu bringen. Wenn man etwas schafft, kann man etwas erreichen und man kann sich ein ansehnliches Polster erschaffen. Das ist unsere Erlösung – nebst der Impfung, die wir empfangen haben wie ein Sakrament.