Kennst du das? Du bist in einer Kirche und hörst die Reden des Pastors und den Gesang davor und danach und schüttelst die Hände, aber irgend etwas fehlt, dein Herz bleibt kalt.
Ein Liedvortrag, anmutig nett gesungen, ein Song, ein Schlager der dich mitnehmen soll, der dich aber nicht mitnimmt. Weil du vermisst das Eigentliche.
Die Texte lassen es nicht zu, die Absicht des Songschreibers oder des Sängers erlaubt es dir nicht, dass du dich Gott nahst. Das war mit diesem Lied nicht vorgesehen, es war nicht die Absicht des Lieds, hier wollte jemand irgend etwas anderes ausdrücken. Du bist nicht berührt nicht angerührt, es findet nichts statt.
Allzu leicht kritisiert man Prediger und Predigten – mach es doch erst mal besser – oder manchmal denke ich, mach es doch vielleicht mal gar nicht. Denn wozu das alles, das ganze Lametta, der ganze Bohai, wenn es nicht um den Eigentlichen geht, geht es um ihn?
10.30Uhr, die Gemeinde hat sich gesetzt, der Moderator spult durch das Programm, die Kinder wechseln ins Kinderprogramm, die Älteren in den Schlafmodus, was soll da schon kommen?
Plötzlich steht einer im Raum, dessen Hände Löcher haben und er schaut jedem einzeln ins Gesicht, er mustert dich und deinen Nebenmann, die Frau neben dir, er verbringt Zeit bei ihr. Was will er von ihr?
Er fragt sie das gleiche wie dich: Hast du mich wirklich lieb?
Sonntag morgens, bitte, mach es nicht zu arg, wir wollen gleich zum Mittagessen mit der Verwandtschaft bzw haben alles durchgeplant um Punkt 12…
Dann ging er raus, er entfernte sich, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Es brannte in mir heiß: Liebst du mich?
Wer ich??
Dich??
Ja Gott, du weißt, dass ich dich von ganzem Herzen lieb haben will, ich liebe dich. Währenddessen predigt der Prediger die Predigt durch. Ich weiß nicht mehr, worum es ging.
Ging es um ihn?
Sie sang und blätterte das Notenblatt, schlug die Klaviertasten und das Pedal, Musik hämmerte durch die Lautsprecher bis sie verstummte, dann hörte ich wie durch einen Schleier die Ansagen, der Opferkorb ging an mir vorüber. Mir schwante, dass es alles bald zu Ende sein müsste. Wo ging er hin? War er da?
Er war da — liebst du mich?
Hast du mich lieb. Mitten in der Kirche. Fragt man so etwas mitten in der Kirche. Sind wir denn – auch – seine Verleugner, so wie Petrus etwa, der Jesus nicht mehr kennen wollte, brauchen wir auch diese Seelsorge, dass er uns anschaut und sagt:
Leg doch mal deine Hände in meine Hände und sei nicht ungläubig sondern gläubig. Ja ich will, Herr.
Alle erhoben sich, ich folgte ihrem Beispiel, sie sprachen das Vater-unser, das eigentlich unser Vater heißt, mein Vater, dachte ich bei mir, er ist mein Vater!
Hier musste ich weinen, die anderen setzten sich, ich mich auch, nein ich wollte nicht zweifeln wie Thomas. Dabei war er einer von den Zwölf, sogar von den Elf!! Kann man mal darüber reden, über das Versagen von Thomas.
Nicht hier in der Kirche, nicht in dieser Kirche, denn diese Kirche ist die Glaubenskirche und die Nichtverleugnungskirche, es ist die first-class-Kirche wo der Zweifel und der Glaube nur theoretisch sind, man zweifelt nur bis zum Punkt der Umkehr, der ja innerhalb derselben Minute ist. Und man glaubt seit der Taufe, auch wenn man gar nix glaubt.
Wo ist er hin? Gegangen? Wohin? Wohin ist er gegangen?
Bin ich drin und er ist draußen?
Mein Herr und mein Gott.
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